Viele Menschen sind überrascht, wenn sie trotz gesunder Ernährung und ausreichender Bewegung plötzlich an Gewicht zunehmen. Nicht selten liegt die Ursache in Medikamenten, die sie aus gesundheitlichen Gründen einnehmen müssen.
Ob Antidepressiva, Kortison oder bestimmte Hormonpräparate – manche Wirkstoffe greifen tief in den Stoffwechsel ein und führen dazu, dass die Kilos langsam, aber stetig steigen. Häufig beginnt es mit ein paar zusätzlichen Pfunden, die man sich nicht erklären kann. Mit der Zeit wird daraus ein ernsthaftes Problem, das das Selbstbewusstsein und die Lebensqualität beeinträchtigen kann.
Umso wichtiger ist es, die Zusammenhänge zu verstehen und gezielt gegenzusteuern. In diesem Artikel erfährst du, welche Medikamente für Gewichtszunahme verantwortlich sein können, warum das so ist und – ganz wichtig – was du konkret dagegen tun kannst, ohne deine Gesundheit zu gefährden.
Warum Medikamente eine Gewichtszunahme verursachen können
Viele Menschen wundern sich, warum sie trotz gesunder Lebensweise zunehmen. Die Antwort liegt manchmal in der Medikamentenschublade. Denn bestimmte Arzneimittel beeinflussen Körperfunktionen auf eine Weise, die das Gewicht steigen lässt – oft ganz unbemerkt. Genau deshalb lohnt es sich, genauer hinzuschauen.
Eingriff in den Stoffwechsel
Viele Medikamente beeinflussen den Stoffwechsel direkt – das bedeutet, sie greifen in die Art und Weise ein, wie dein Körper Energie verbraucht oder speichert. So kann es sein, dass dein Grundumsatz sinkt, also die Kalorienmenge, die du im Ruhezustand verbrennst.
Gleichzeitig wird die Aufnahme von Glukose verändert, Fettreserven werden leichter gebildet und nur noch langsam abgebaut. Besonders problematisch ist, dass diese Prozesse oft schleichend ablaufen. Man merkt zunächst nicht viel davon – bis sich der Gang auf die Waage zum Frustmoment entwickelt. Medikamente, die den Stoffwechsel verlangsamen, machen es deutlich schwerer, das Gewicht zu halten oder zu reduzieren, selbst wenn man sich an eine gesunde Lebensweise hält.
Appetitsteigerung als Nebenwirkung
Einige Medikamente wirken auf das zentrale Nervensystem ein und beeinflussen dabei das Hungergefühl. Das kann so weit gehen, dass Betroffene rund um die Uhr ans Essen denken, auch wenn der Körper gar keinen wirklichen Bedarf signalisiert.
Gleichzeitig kann das Sättigungsgefühl verzögert oder unterdrückt werden – das führt schnell dazu, dass Mahlzeiten größer ausfallen oder häufiger gegessen wird. Besonders tückisch: Oft entwickelt man Heißhunger auf kalorienreiche, zucker- und fetthaltige Lebensmittel, was das Gewicht zusätzlich in die Höhe treibt. Wer die Appetitzunahme nicht erkennt oder unterschätzt, läuft Gefahr, ungewollt in einen dauerhaften Kalorienüberschuss zu geraten.
Wassereinlagerungen
Ein weiterer Faktor, der zu einer scheinbaren Gewichtszunahme führen kann, sind Wassereinlagerungen, auch Ödeme genannt. Besonders häufig treten diese bei Kortison, bestimmten Blutdrucksenkern oder hormonellen Präparaten auf.
Das Wasser sammelt sich im Gewebe – vor allem in den Beinen, Händen oder im Gesicht – und kann zu Gewichtszuwächsen von mehreren Kilogramm führen. Wichtig zu wissen: Es handelt sich dabei nicht um Fett, sondern um Flüssigkeit. Dennoch fühlt man sich oft aufgeschwemmt, unbeweglicher und weniger wohl im eigenen Körper. Die Kleidung sitzt enger, der Bauch wirkt gebläht, die Schuhe drücken. Auch wenn sich diese Zunahme in der Regel rückgängig machen lässt, wirkt sie sich kurzfristig negativ auf die Lebensqualität aus.
Veränderungen im Hormonhaushalt
Der menschliche Körper ist ein hochkomplexes System, das stark über Hormone gesteuert wird. Medikamente wie Schilddrüsenhormone, die Antibabypille oder Präparate zur Krebstherapie können dieses Gleichgewicht durcheinanderbringen.
Wird zum Beispiel die Schilddrüsenfunktion unterdrückt oder stimuliert, wirkt sich das direkt auf den Stoffwechsel und damit auf das Gewicht aus. Ebenso kann ein verändertes Verhältnis von Östrogen, Progesteron oder Testosteron zu einer gesteigerten Fettansammlung – besonders im Bauchbereich – führen. Bei manchen Frauen kommt es durch hormonelle Präparate zu einem regelrechten Gewichts-Roll-on-Effekt, bei dem sich Monat für Monat zusätzliche Kilos ansammeln. Auch Stimmungsschwankungen, Müdigkeit oder Schlafstörungen als Begleiterscheinungen verstärken das Risiko für unkontrolliertes Essverhalten.
Einschränkungen der Bewegung
Nicht zu unterschätzen ist der Einfluss von Medikamenten auf die allgemeine Bewegungsfreude. Schmerzmittel, Antidepressiva oder Beruhigungsmittel können müde, antriebslos oder sogar depressiv machen.
Wenn Bewegung zur Belastung wird oder gar keine Motivation mehr vorhanden ist, sinkt der tägliche Kalorienverbrauch rapide. Besonders bei Menschen mit ohnehin geringem Aktivitätsniveau kann dies schnell zu einer Gewichtszunahme führen. Zudem begünstigt Bewegungsmangel Muskelabbau – und weniger Muskeln bedeuten einen niedrigeren Grundumsatz. Das Resultat: Der Körper verbrennt weniger, selbst im Ruhezustand. Wer sich also durch Medikamente weniger bewegt, nimmt nicht nur zu – er hat es anschließend auch deutlich schwerer, das Gewicht wieder zu reduzieren.
Typische Medikamente, die mit Gewichtszunahme in Verbindung stehen
Nicht jedes Medikament führt automatisch zu einer Gewichtszunahme – aber bei einigen Präparaten ist dieses Risiko besonders hoch. Dabei wirken unterschiedliche Mechanismen: von Appetitsteigerung über Stoffwechselveränderungen bis hin zu Wassereinlagerungen. Im Folgenden schauen wir uns genauer an, welche Medikamentengruppen besonders häufig betroffen sind.
Antidepressiva
Vor allem Medikamente aus der Gruppe der trizyklischen Antidepressiva wie Amitriptylin oder Doxepin sowie moderne SSRI (selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) wie Paroxetin oder Sertralin stehen im Verdacht, Gewichtszunahme zu fördern. Diese Präparate greifen direkt in die Hirnchemie ein und können den Appetit steigern, das Sättigungsgefühl unterdrücken oder das Energielevel senken.
Viele Menschen berichten von einem regelrechten Heißhunger auf Süßes oder Deftiges – ein Verhalten, das sie vor der Einnahme nicht kannten. Die Gewichtszunahme kann schleichend oder auch plötzlich auftreten, was die Therapie zusätzlich belastend macht. Wichtig ist, diese Nebenwirkung ernst zu nehmen und gegebenenfalls gemeinsam mit der behandelnden Fachperson nach Alternativen zu suchen.
Antipsychotika
Neuroleptika wie Olanzapin, Clozapin oder Risperidon gehören zu den Medikamenten mit dem höchsten Risiko für eine starke Gewichtszunahme. Sie werden bei schweren psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie oder bipolaren Störungen eingesetzt und verändern nicht nur das Essverhalten, sondern greifen massiv in den Zucker- und Fettstoffwechsel ein.
Patient:innen berichten häufig von einem unstillbaren Appetit und einer extrem schnellen Gewichtszunahme – teilweise über zehn Kilogramm innerhalb weniger Monate. Auch hier ist es essenziell, diese Problematik frühzeitig anzusprechen und – falls möglich – medikamentöse Alternativen mit einem geringeren Nebenwirkungsprofil zu prüfen.
Kortisonpräparate
Kortison ist ein sehr wirksames Entzündungshemmungsmittel, das bei zahlreichen Erkrankungen wie Asthma, Rheuma oder chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen zum Einsatz kommt. Doch leider hat es auch eine ausgeprägte Nebenwirkung: Gewichtszunahme.
Diese entsteht durch Wassereinlagerungen, gesteigerten Appetit und eine Umverteilung des Körperfetts (z. B. „Vollmondgesicht“ oder „Stammfettsucht“). Besonders tückisch ist die Wirkung bei langfristiger Einnahme. Wer Kortison nimmt, sollte daher eng mit Ärzt:innen zusammenarbeiten und möglichst mit der niedrigsten wirksamen Dosis auskommen.
Antidiabetika
Einige ältere orale Antidiabetika wie Sulfonylharnstoffe sowie Insulin können eine Gewichtszunahme begünstigen. Grund ist meist die verstärkte Speicherung von Glukose und die Gefahr von Unterzuckerungen, die wiederum Heißhungerattacken auslösen.
Neuere Wirkstoffe wie GLP-1-Rezeptor-Agonisten hingegen wirken oft gewichtsneutral oder sogar gewichtsreduzierend. Eine individuelle Therapieanpassung durch die behandelnde Diabetologin oder den Diabetologen kann hier viel bewirken und unnötige Kilos vermeiden helfen.
Betablocker
Diese Medikamente werden häufig bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Herzrhythmusstörungen eingesetzt. Sie wirken dämpfend auf das Nervensystem und senken dadurch auch den Energieverbrauch.
Viele Patient:innen klagen über Abgeschlagenheit, verringerte Leistungsfähigkeit und Gewichtszunahme. Bei Bedarf kann eine Umstellung auf moderne Wirkstoffe sinnvoll sein, die diese Nebenwirkungen weniger stark ausprägen.
Antiepileptika
Medikamente wie Valproinsäure, Gabapentin oder Carbamazepin, die zur Behandlung von Epilepsie oder Nervenschmerzen eingesetzt werden, erhöhen nachweislich das Risiko einer Gewichtszunahme. Hier spielen sowohl hormonelle als auch appetitsteigernde Effekte eine Rolle.
Da die Gewichtszunahme oft sehr schnell erfolgt, lohnt sich auch hier ein frühzeitiger Dialog mit dem behandelnden Neurologen. Manche Patient:innen profitieren von einer zusätzlichen Ernährungsberatung oder Bewegungstherapie.
Hormonpräparate
Die Antibabypille, Hormonspiralen, aber auch Medikamente bei Endometriose oder in der Krebsbehandlung wirken direkt auf den Hormonhaushalt. Vor allem Östrogen und Gestagen können Wassereinlagerungen und eine gesteigerte Fetteinlagerung fördern.
Bei vielen Frauen ist es vor allem die Kombination aus Hormonumstellung und verändertem Essverhalten, die langfristig zur Gewichtszunahme führt. Eine individuell abgestimmte Beratung durch Frauenärztin oder Onkologe ist hier besonders wichtig.
10 Strategien gegen medikamentenbedingte Gewichtszunahme
Viele Menschen, die wegen einer Erkrankung Medikamente einnehmen müssen, fühlen sich bei einer ungewollten Gewichtszunahme machtlos. Doch auch wenn der Einfluss der Präparate nicht zu unterschätzen ist, gibt es zahlreiche Wege, wie du aktiv gegensteuern kannst. Die folgenden Tipps zeigen dir, wie du dein Wohlbefinden trotz medikamentöser Behandlung erhalten und dein Gewicht unter Kontrolle halten kannst.
1. Ursachen kennen und dokumentieren
Das Wissen, dass dein Medikament zur Gewichtszunahme beitragen kann, ist der erste Schritt zur Veränderung. Dokumentiere dein Gewicht regelmäßig und führe ein Ernährungstagebuch. So erkennst du Muster – und kannst frühzeitig reagieren.
2. Medikament nicht eigenmächtig absetzen
Auch wenn du den Verdacht hast, dass dein Medikament dein Gewicht beeinflusst – setze es niemals auf eigene Faust ab. Besprich deine Beobachtungen immer mit deinem Arzt oder deiner Ärztin und suche gemeinsam nach einer Lösung.
3. Alternative Wirkstoffe prüfen
Für viele Medikamente existieren Alternativen, die weniger auf das Gewicht wirken. Manchmal genügt schon eine kleine Dosisanpassung oder der Wechsel zu einem moderneren Präparat, um das Gewicht besser zu kontrollieren.
4. Ernährung gezielt anpassen
Achte auf eine eiweißreiche, ballaststoffreiche Ernährung mit möglichst wenig verstecktem Zucker. Reduziere hochverarbeitete Lebensmittel und plane regelmäßige Mahlzeiten, um Heißhunger zu vermeiden.
5. Bewegung fest im Alltag integrieren
Schon 30 Minuten Spazierengehen am Tag, zwei Einheiten Muskeltraining pro Woche oder einfache Dehnübungen können viel bewirken. Bewegung hilft nicht nur beim Abnehmen, sondern verbessert auch deine Stimmung und deinen Schlaf.
6. Wassereinlagerungen entgegenwirken
Trinke ausreichend Wasser, reduziere salzreiche Kost und besprich mit deinem Arzt ggf. den Einsatz sanfter entwässernder Mittel. Kräutertees wie Brennnessel oder Löwenzahn können unterstützend wirken.
7. Schlaf und Erholung ernst nehmen
Ein erholsamer Schlaf ist ein unterschätzter Verbündeter im Kampf gegen unerwünschte Kilos. Sorge für gute Schlafhygiene: feste Schlafzeiten, kein Bildschirmlicht vor dem Einschlafen, ein ruhiges Schlafzimmer.
8. Stressmanagement lernen
Chronischer Stress kann zu emotionalem Essen führen. Entspannungstechniken wie Meditation, progressive Muskelentspannung oder Atemübungen können helfen, dein Essverhalten wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
9. Kleine Ziele setzen
Setze dir erreichbare Zwischenziele statt nur auf das Endgewicht zu schauen. Jeder Fortschritt zählt – ob weniger Süßigkeiten, ein zusätzlicher Spaziergang oder ein verlorenes Kilo in einem Monat.
10. Unterstützung holen
Du musst nicht alles allein schaffen. Ernährungsberater:innen, Ärzt:innen, Therapeut:innen oder Selbsthilfegruppen können dich professionell begleiten. Der Austausch mit anderen Betroffenen kann motivieren und neue Perspektiven eröffnen.
Fazit: Du hast mehr Einfluss, als du denkst
Eine Gewichtszunahme durch Medikamente ist kein Zeichen von persönlichem Versagen. Sie ist eine häufige Nebenwirkung – aber keine Sackgasse. Wer informiert ist, aufmerksam beobachtet und bereit ist, kleine Veränderungen umzusetzen, kann sein Gewicht auch unter medikamentöser Therapie aktiv mitgestalten.
Vielleicht wirst du nicht sofort abnehmen – aber du kannst dafür sorgen, dass es nicht mehr wird. Du kannst dir deinen Alltag so gestalten, dass du dich trotz Medikament wohl und stark fühlst. Und genau das ist am Ende entscheidend: Dein Körper gehört dir – lass dir nicht von ein paar Tabletten das gute Gefühl darin nehmen.