Wie ich Rückschläge überwunden habe – persönlicher Bericht

Ein ehrlicher Erfahrungsbericht über kleine Schritte, große Umwege und die Kunst, nach jedem Hinfallen ein Stück stärker aufzustehen.

Ich schreibe diese Zeilen, weil ich früher genau solche Berichte gebraucht hätte: echte Geschichten, ohne Filter, mit all den Zweifeln, die man nachts im Kopf hat. Ich bin Jana, 36, und wenn ich auf die letzten Jahre zurückblicke, sehe ich nicht nur Erfolge, sondern vor allem viele Kurven auf meinem Weg – berufliche Brüche, gesundheitliche Stoppschilder, Herzschmerz und Phasen, in denen ich mein Essverhalten nicht im Griff hatte. Heute stehe ich stabiler. Nicht perfekt, aber verlässlich. Dieser Text ist keine Anleitung im klassischen Sinne, sondern mein persönlicher Wegweiser, den ich mir selbst in schweren Zeiten gewünscht hätte.

Inhaltsverzeichnis:

Der Moment, an dem ich mir eingestand: So geht es nicht weiter

Der Wendepunkt kam nicht dramatisch, sondern leise. Ich saß auf meinem Sofa, Laptop auf den Knien, die fünfte Absage-Mail des Tages vor mir. Es war der Augenblick, in dem ich merkte: Ich war nicht nur traurig – ich war müde vom Kämpfen gegen mich selbst. Ich hatte zwei Möglichkeiten: weiter verdrängen oder ehrlich werden. Ich entschied mich für Ehrlichkeit. Zum ersten Mal schrieb ich in mein Notizbuch: „Ich brauche einen Plan für schlechte Tage.“ Dieser Satz wurde zum Startpunkt von allem, was danach kam.

Ich beschloss, Rückschläge nicht länger als Beweis meines Versagens zu sehen, sondern als Signale. Sie sollten mich nicht klein halten, sondern mich darauf hinweisen, wo es hakt. Das klingt simpel, aber diese neue Sicht hat mein Verhalten verändert: Statt mich selbst zu beschimpfen, habe ich begonnen, mir Fragen zu stellen.

Jobverlust: Als mein Selbstwert wackelte – und wie ich ihn wieder aufgebaut habe

Mit 27 wurde meine Abteilung wegrationalisiert. Kein Drama, „nur“ Wirtschaft – und trotzdem fühlte es sich an, als hätte jemand meinen Wert abgestempelt. Wochenlang kreiste alles in mir um Scham, Selbstzweifel und die Angst, „nichts Besonderes“ zu sein. Rückblickend war es nicht die Kündigung, die mich am meisten traf, sondern das Gefühl, austauschbar zu sein.

Ich begann klein: jeden Tag eine Bewerbungsaktivität, egal wie winzig. Einmal war es nur das Aktualisieren meines Profils, ein anderes Mal ein Telefonat, manchmal eine echte Bewerbung. Parallel suchte ich Routinen, die mir Struktur gaben: morgens 15 Minuten Bewegung, ein einfaches Frühstück, eine klare To-do-Liste mit maximal drei Punkten. Nicht mehr. Diese Begrenzung rettete mich, weil sie machbar war.

Nach vier Monaten hatte ich nicht nur einen neuen Job, sondern auch ein verändertes Selbstbild. Ich verstand: Mein Wert hängt nicht an einer Stelle. Ich bin mehr als eine Visitenkarte. Diese Einsicht trage ich seitdem wie eine innere Versicherung mit mir.

Gesundheitlicher Einbruch: Vom „Alles oder Nichts“ zur klugen Geduld

Mit 30 kam der nächste Dämpfer: Bandscheibenvorfall. Für jemanden, der Stress gerne mit intensiven Workouts „wegtrainiert“, war das ein Schock. Ich konnte nicht mehr so, wie ich wollte – also tat ich gar nichts. Wochenlang. Aus Frust wurde Stillstand, aus Stillstand wurden Rückenschmerzen und schlechte Laune.

Der Ausweg begann, als ich mir erlaubte, die Regel zu ändern: Nicht „ganz oder gar nicht“, sondern „ein bisschen ist unendlich viel mehr als nichts“. Zehn Minuten sanfte Mobilisation am Morgen, leichte Spaziergänge, später gezieltes Krafttraining mit Mini-Progressionen. Ich lernte, mir Mikroziele zu setzen: Heute zwei Wiederholungen mehr, morgen fünf Minuten länger, übermorgen nur sauberer.

Diese Haltung – kluge Geduld statt heroischer Anfälle – hat sich in alle Lebensbereiche übertragen. Ich musste nicht mehr beweisen, wie hart ich sein kann. Ich wollte beweisen, wie konstant ich bleiben kann.

Herzschmerz: Wenn Pläne zerbrechen und man sich selbst wieder zusammensetzt

Mit 33 endete eine langjährige Beziehung. Es fühlte sich an, als würde jemand meine zukünftigen Jahre aus meinem Kalender radieren. Ich verlor Appetit, dann aß ich zu viel, suchte Ablenkung und fand nur Leere. Erst als ich anfing, Trauer nicht zu überlisten, sondern zu durchfühlen, kam Bewegung hinein.

Ich legte mir einen „emotionalen Erste-Hilfe-Kasten“ an: Telefonnummern von zwei Freundinnen, die ich jederzeit anrufen durfte; eine Playlist für Spaziergänge; ein Notizbuch mit Fragen wie „Was brauche ich jetzt wirklich?“ und „Was wäre eine 5%-Verbesserung für heute?“. Aus Tagebuchzeilen wurde Orientierung. Ich merkte: Ich muss nicht am großen Schmerz drehen – ich darf kleine Fenster aufmachen, durch die wieder Luft reinkommt.

Essverhalten in Krisen: Wie ich den Heißhunger verstanden – und entwaffnet – habe

Meine Rückschläge hatten fast immer eine Nebenrolle: Essen. In Stressphasen aß ich zu wenig und später zu viel, besonders abends. Ich hielt mich tagsüber „brav“ zurück und wunderte mich nachts über den Drang nach Süßem. Als ich es aufschrieb, sah ich das Muster: Unterversorgung + Erschöpfung = Heißhunger.

Ich änderte nicht alles, sondern zwei Dinge. Erstens: Ich aß regelmäßiger und eiweißreicher (Quark, Eier, Linsen, Joghurt, Hähnchen, Tofu). Zweitens: Ich ersetzte „verboten“ durch „bewusst“. Es gab weiterhin Schokolade – aber nicht mehr als Betäubung. Ich legte mir eine kleine „Abend-Routine“ zu: eine sättigende Bowl, etwas Süßes bewusst und langsam, dazu Tee. Wenn der Tag hart war, half mir manchmal auch ein Proteinshake als Brücke zwischen „Jetzt ist’s vorbei“ und „Ich komme zur Ruhe“.

Mit der Zeit verschwanden die extremen Ausschläge. Nicht, weil ich eiserner wurde, sondern weil ich mich verlässlicher versorgte. Heißhunger ist selten Willensschwäche – meist ist er ein leiser Hilferuf.

Die fünf Säulen, auf die ich heute in Rückschlägen zurückgreife

Ich habe im Laufe der Jahre mein eigenes, schlichtes System gebaut. Es passt in jede Tasche und braucht keine perfekte Disziplin – nur ein bisschen Aufmerksamkeit.

Säule 1: Klarheit in 10 Minuten Wenn etwas schiefgeht, schreibe ich zehn Minuten frei heraus. Was ist passiert? Was fühle ich? Wovor habe ich Angst? Was liegt in meinem Einfluss? Diese Fragen trennen Emotion von Aktion. Danach notiere ich genau eine machbare Sache für den heutigen Tag.

Säule 2: Energie vor Effizienz Ich priorisiere Schlaf, Essen, Bewegung – in dieser Reihenfolge. Ohne Mindestenergie wird jede To-do-Liste zur Folter. Ein Powernap schlägt eine perfekte Planung. Ein ordentliches Abendessen schlägt ein weiteres Meeting. Ein kurzer Spaziergang schlägt Selbstvorwürfe.

Säule 3: Mikroziele statt Meisterleistungen Wenn alles schwer wirkt, wähle ich das kleinstmögliche Ziel, das sichtbar ist: fünf Bewerbungen? Nein. Eine E-Mail. 10 Kilometer? Nein. Zehn Minuten. Gesund kochen? Ja – aber mit drei Zutaten.

Säule 4: Soziale Anker Ich habe drei Menschen, die „meine Realität halten“, wenn ich es selbst nicht kann. Ich schreibe ihnen, wenn ich im Kreis denke. Manchmal bekomme ich nur ein Herz-Emoji zurück – und das reicht, um die Richtung wiederzufinden.

Säule 5: Freundliche Konsequenz Ich übe, freundlich zu mir zu sein – und gleichzeitig konsequent mit den Gewohnheiten, die mir guttun. Das bedeutet: echte Pausen, aber auch „Ich gehe jetzt wirklich schlafen“. Verständnis, aber keine Ausredenparade.

Rückfallmanagement: Wie ich die Schleifen kürzer gemacht habe

Früher fühlte sich ein „Ausrutscher“ an wie der Anfang vom Ende. Heute weiß ich: Ein Rückfall ist ein Datenpunkt. Ich frage mich: Was war der Auslöser? Welche Alternative wäre realistisch gewesen? Was kann ich beim nächsten Mal 1% besser machen? Diese Fragen holen mich in die Verantwortung, ohne mich zu verurteilen.

Ein praktisches Beispiel: Nach einer stressigen Woche habe ich an zwei Abenden das Abendessen übersprungen und später die Süßigkeiten-Schublade geplündert. Früher hätte ich mich beschimpft. Heute erkenne ich: Ich war unterversorgt und übermüdet. Lösung: Eine einfache „Backup-Mahlzeit“ im Kühlschrank (z. B. vorgekochte Linsen + TK-Gemüse + Feta) und eine feste Schlafenszeit am Wochenende. Beim nächsten ähnlichen Stress blieb die Schleife kürzer – weil ich vorbereitet war.

Was mir Tanks füllt, wenn alles leer wirkt

Ich habe eine Liste, die ich „Tankstellen“ nenne. Sie hängt am Kühlschrank und ist auf dem Handy. Dort steht, was mir zuverlässig Energie gibt, ohne dass es mich zusätzlich stresst. Lesen auf dem Balkon. Fünf Songs lang aufräumen. Eine warme Dusche. Ein Spaziergang ohne Handy. Ein Anruf bei meiner Schwester. Eine Mahlzeit, die immer klappt. Je klarer solche Listen sind, desto weniger entscheide ich im Erschöpfungsmodus.

Ich gönne mir außerdem kleine, planbare „Siege“: Bett machen, Wasser trinken, fünf Atemzüge am offenen Fenster. Das klingt banal – und ist mächtig. Nichts motiviert so sehr wie erledigte Kleinigkeiten.

Grenzen setzen – und dafür nicht um Entschuldigung bitten

Viele meiner Rückschläge hatten eine gemeinsame Wurzel: Ich habe zu spät „Nein“ gesagt – im Job, in Beziehungen, sogar zu mir selbst, wenn ich wieder „nur schnell noch“ etwas erledigen wollte. Heute übe ich, vorher zu spüren, wann meine Kapazität endet. Ich formuliere Sätze, die sich klar und höflich anfühlen: „Dafür habe ich diese Woche keine Kapazität, ich kann es nächsten Dienstag übernehmen.“ oder „Ich möchte das in Ruhe überlegen und melde mich morgen.“ Jede gesetzte Grenze ist wie ein Fundamentstein unter meinem Alltag.

Selbstwert zum Anziehen: kleine Rituale, große Wirkung

Es gibt Tage, da brauche ich sichtbare Anker. Ich ziehe morgens Sportkleidung an, auch wenn nur ein Spaziergang drin ist. Ich zünde beim Abendessen eine Kerze an, auch wenn es „nur“ eine Suppe ist. Ich schreibe mir eine Mini-Erfolgsliste: „Heute: 1) geduscht 2) E-Mail verschickt 3) 10 Minuten gedehnt“. Solche Rituale sind kein Kitsch – sie sind Signale an mein Gehirn: Ich bin handlungsfähig.

Beziehungen als Crashpuffer – warum Nähe die Erholung beschleunigt

Ich bin ein unabhängiger Mensch, aber ich habe gelernt, dass ich in Krisen Nähe brauche. Nicht die Ratschläge, sondern das Dabeisein. Manchmal sitzt eine Freundin neben mir und wir schweigen. Manchmal laufen wir 20 Minuten um den Block. Manchmal spricht sie aus, was ich nicht sagen kann: „Das war hart. Und du bist trotzdem da.“ Diese Sätze heben mein inneres Gewicht, wenn ich es nicht mehr allein tragen kann.

Zwei Listen, die ich immer griffbereit habe

Manchmal brauche ich konkrete Hilfen statt großen Worten. Dafür habe ich mir zwei kurze Listen angelegt – sie hängen im Flur und liegen digital in meinen Notizen.

Notfallideen für schwere Abende

  • eine warme Suppe, heißer Tee, 15 Seiten eines leichten Buches, eine Folge Lieblingsserie (ohne Handy daneben), eine kurze Dusche, 10 Minuten Aufräumen, ein Spaziergang bis zur nächsten Ecke, ein Proteinshake als „Brücke“ bis zum späten Abendessen, fünf Minuten dehnen.

Sätze, die mich durchziehen

  • „Ein bisschen ist besser als nichts.“ – „Ich muss nicht perfekt sein, um heute etwas Gutes zu tun.“ – „Morgen wird leichter, wenn ich mir heute helfe.“ – „Ich darf freundlich sein und klar.“

Beide Listen erinnern mich daran, dass ich immer Optionen habe – auch wenn mein Kopf mir das Gegenteil erzählen will.

Fortschritt messen, ohne mich zu knebeln

Früher waren Zahlen meine Wahrheit: Schritte, Kalorien, To-dos. Sie gaben Kontrolle – und nahmen mir Freiheit. Heute messe ich anders. Ich frage mich abends: „War heute freundlicher als gestern?“ „Habe ich meine Energie geachtet?“ „Habe ich einen kleinen Mutmoment gehabt?“ Ich notiere drei Beobachtungen, nicht drei Urteile. Dadurch kann ich wachsen, ohne mich zu perforieren.

Wenn ich Ziele setze (z. B. mein Rückenprogramm dreimal pro Woche), formuliere ich einen Mindeststandard („ein Satz Übungen reicht“) und einen Optimalstandard („20 Minuten, volle Runde“). So zählt auch die kleinste Version – und Kontinuität wird wahrscheinlicher.

Was ich anders mache, wenn die Welt wieder wackelt

Rückschläge kommen wieder. Das ist keine Drohung, das ist das Leben. Meine Antwort darauf ist heute vorbereitet:

Ich vereinbare mit mir „Krisenregeln“: Ich schlafe, wenn ich kann. Ich esse regelmäßig, auch wenn ich wenig Appetit habe – gern mild, warm, eiweißreich. Ich bewege mich jeden Tag mindestens zehn Minuten. Ich rede mit einem Menschen. Ich schränke Social Media ein. Ich lasse To-do-Listen kürzer werden und erlaube mir zwei unfertige Ecken in der Wohnung. Diese Regeln sind nicht streng, sie sind freundlich – und sie halten.

Der leise Sieg: nicht mehr schneller, sondern stabiler

Früher wollte ich möglichst schnell wieder „oben“ sein. Heute finde ich den größeren Sieg darin, stabil zu bleiben, wenn es um mich herum schaukelt. Ich brauche weniger Anlauf, um nach einem Stolpern wieder loszugehen. Und genau das ist für mich wahre Stärke: nicht die perfekte Fassade, sondern die Fähigkeit, mich selbst zu halten, wenn niemand klatscht.

Was ich dir gern zum Schluss mitgeben möchte

Du musst kein anderer Mensch werden, um Rückschläge zu überwinden. Du musst nur lernen, dir selbst eine gute Begleitung zu sein. Fang klein an. Bau dir Listen für schwere Tage. Such dir ein, zwei Menschen, die dich erinnern, wer du bist. Iss regelmäßig. Schlaf, so gut es geht. Bewege dich ein bisschen. Und wenn du fällst, fall weich – auf die Gewohnheiten, die dich auffangen.

Es wird nicht jeden Tag leichter. Aber du wirst leichter mit jedem Tag, an dem du dir treu bleibst. Das ist die Art von Erfolg, die man nicht in Zahlen misst – sondern im Gefühl, mit dem man abends die Augen schließt.

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