Anna aus Bremen hat uns geschrieben: „Ich habe gehört, dass Sellerie mehr Kalorien beim Verdauen verbraucht, als er liefert. Stimmt das wirklich? Gibt es Lebensmittel mit negativen Kalorien, die beim Abnehmen helfen?“
Diese Frage klingt auf den ersten Blick fast zu schön, um wahr zu sein – und genau deshalb beschäftigt sie viele Menschen, die abnehmen möchten. Die Vorstellung, dass man bestimmte Lebensmittel essen kann, die im Körper mehr Energie kosten als sie liefern, wirkt wie ein Traum für jede Diät. Aber wie viel ist da wirklich dran?
In diesem Artikel werfen wir einen genauen Blick auf das Konzept der „negativen Kalorien“, räumen mit verbreiteten Mythen auf und zeigen dir, was wirklich zählt, wenn du gesund und nachhaltig abnehmen möchtest. Und natürlich erfährst du auch, was es mit Sellerie, Gurken & Co. tatsächlich auf sich hat – samt alltagstauglicher Tipps und spannender Hintergründe.
Was bedeutet überhaupt „negative Kalorien“?
Die Theorie der „negativen Kalorien“ basiert auf dem Gedanken, dass bestimmte Lebensmittel so wenige Kalorien enthalten und gleichzeitig so schwer verdaulich sind, dass der Körper beim Verdauen mehr Energie aufwenden muss, als die Nahrung liefert.
Stell dir das Ganze wie eine Rechnung vor:
- Lebensmittel liefert 10 Kalorien
- Verdauung, Transport, Speicherung kosten 15 Kalorien
- Ergebnis: Minus 5 Kalorien
So zumindest die Idee. Besonders oft genannt werden dabei Sellerie, Gurken, Blattsalate, Zitrusfrüchte oder Wassermelone. Manche Listen führen sogar Ananas, Papaya oder Spargel auf. Doch funktioniert das wirklich so einfach?
Wie funktioniert die Verdauung aus energetischer Sicht?
Um zu verstehen, ob es „negative Kalorien“ geben kann, lohnt ein Blick auf den Energiehaushalt unseres Körpers. Wenn wir essen, passiert Folgendes:
- Mechanische Zerkleinerung im Mund und Magen
- Chemische Aufspaltung durch Enzyme
- Transport durch den Darm
- Stoffwechselprozesse zur Aufnahme und Speicherung
All diese Schritte kosten Energie – das nennt man den sogenannten „thermischen Effekt der Nahrung“ (TEF). Je nach Nahrungsmittel liegt dieser bei:
- ca. 20–30 % bei Eiweiß
- ca. 5–10 % bei Kohlenhydraten
- ca. 0–3 % bei Fett
Bei wasserreichen Lebensmitteln wie Sellerie oder Gurke ist der TEF vergleichsweise gering – einfach deshalb, weil sie wenig Kalorien und kaum komplexe Nährstoffe enthalten. Selbst wenn sie schwer zu kauen sind, verbraucht das nur minimal zusätzliche Energie.
Ein Beispiel: 100 g Sellerie enthalten etwa 16 Kalorien. Selbst wenn man sehr optimistisch rechnet und sagt, dass die Verdauung davon 3 Kalorien verbraucht, bleiben immer noch 13 Kalorien übrig. Von einem „negativen Kalorienwert“ kann also keine Rede sein.
Warum der Mythos so hartnäckig ist
Der Gedanke an „negative Kalorien“ wirkt logisch und motivierend. Wer wünscht sich nicht ein Lebensmittel, das schlank macht, nur weil man es isst? Das Konzept verspricht Leichtigkeit, Kontrolle und eine Art „Abnehmtrick“ ohne Verzicht – und genau das spricht viele an.
Dazu kommt: Sellerie, Gurke oder Salat haben tatsächlich extrem wenig Kalorien. Und sie füllen den Magen gut, weil sie fast nur aus Wasser bestehen. Das kann das Gefühl erzeugen, etwas „Gutes“ oder „Neutrales“ gegessen zu haben. Viele Diätmythen basieren auf solchen emotional aufgeladenen Annahmen.
Zudem finden sich online viele Listen und Artikel, die diese Idee weitertragen – oft ohne wissenschaftliche Grundlage. Was gut klingt, wird schnell weiterverbreitet. Und so entsteht ein Mythos, der sich hartnäckig hält.
Gibt es wissenschaftliche Belege für „negative Kalorien“?
Die kurze Antwort: Nein. Bisher gibt es keine seriösen wissenschaftlichen Studien, die beweisen, dass irgendein Lebensmittel beim Verdauen mehr Kalorien verbraucht, als es liefert. Selbst Sellerie, das Paradebeispiel, bleibt – bei aller Kalorienarmut – ein Plusgeschäft für den Körper, wenn auch ein sehr kleines.
Einige kleinere Studien und Modellrechnungen haben sich mit diesem Thema befasst. Doch keine davon konnte den Effekt nachweisen, den der Begriff „negative Kalorien“ suggeriert. Selbst wenn ein minimaler Kalorienverlust durch die Verdauung entsteht, ist dieser so gering, dass er keine praktische Rolle beim Abnehmen spielt.
Warum Sellerie & Co. trotzdem sinnvoll sind
Auch wenn es keine „negativen Kalorien“ gibt, haben viele dieser Lebensmittel einen großen Wert – besonders beim Abnehmen. Denn sie haben folgende Vorteile:
- Sehr niedrige Energiedichte: Du kannst große Mengen essen, ohne viele Kalorien aufzunehmen.
- Hoher Wasser- und Ballaststoffgehalt: Das sorgt für Sättigung und hilft der Verdauung.
- Kaubedarf und Volumen: Das signalisiert dem Gehirn „Ich esse viel“, was das Hungergefühl reduziert.
In der Praxis bedeutet das: Du nimmst zwar Kalorien auf, aber sie sind so gering, dass sie dich lange satt machen und dein Kalorienbudget kaum belasten. Und genau darin liegt ihr Wert – nicht in einem angeblich „negativen“ Effekt, sondern in der Unterstützung einer ausgewogenen, kalorienbewussten Ernährung.
Ein weiterer Pluspunkt: Solche Lebensmittel lassen sich einfach in den Alltag einbauen – ob als Snack, Salatgrundlage oder Beilage. Sie helfen dir dabei, größere Portionen zu genießen, ohne deine Kalorienbilanz zu sprengen.
Was wirklich zählt: Kalorienbilanz und Ernährungsmuster
Wer abnehmen möchte, muss auf seine Kalorienbilanz achten – ganz egal, ob mit oder ohne Sellerie. Ein dauerhaftes Kaloriendefizit ist der Schlüssel zum Fettabbau.
Dabei helfen dir Lebensmittel mit niedriger Kaloriendichte enorm. Dazu zählen unter anderem:
- Rohes oder gedämpftes Gemüse (z. B. Brokkoli, Blumenkohl, Zucchini)
- Salate mit kalorienarmen Dressings
- Beeren, Wassermelone, Grapefruit
- Mageres Eiweiß wie Hähnchenbrust, Tofu, Skyr
Diese Nahrungsmittel machen satt, liefern wichtige Nährstoffe und sind dabei kalorienarm. Das macht sie ideal für jeden, der abnehmen möchte – ganz ohne das Konzept der „negativen Kalorien“ bemühen zu müssen.
Außerdem fördern solche Lebensmittel ein gesundes Essverhalten: Wer regelmäßig große Mengen kalorienarmer Nahrungsmittel isst, hat seltener Heißhunger und kann einfacher auf kalorienreiche Snacks verzichten.
Warum du dich nicht auf Mythen verlassen solltest
Das Konzept der negativen Kalorien klingt verlockend – aber es kann auch in die Irre führen. Wer sich ausschließlich auf solche vermeintlichen „Wundertricks“ verlässt, verpasst oft die entscheidenden Grundlagen:
- Ein stabiles Essverhalten
- Ausreichende Nährstoffversorgung
- Freude am Essen ohne Verbote
Außerdem kann es gefährlich werden, wenn man beginnt, sich einseitig zu ernähren – zum Beispiel nur noch Sellerie oder Gurken zu essen, in der Hoffnung, damit schneller abzunehmen. Der Körper braucht Vielfalt, Eiweiß, gesunde Fette und Kohlenhydrate, um gesund zu funktionieren.
Viele Diätmythen führen letztlich zu Enttäuschung und Frust – weil sie kurzfristige Hoffnung machen, aber langfristig keine echte Lösung bieten. Wer sich hingegen auf fundiertes Wissen und realistische Schritte verlässt, hat die besseren Chancen, dauerhaft etwas zu verändern.
Fazit: Kein Wundermittel, aber kluge Helfer
Zurück zu Anna: Nein, es gibt keine Lebensmittel mit echten „negativen Kalorien“. Aber es gibt viele, die dich beim Abnehmen auf gesunde, natürliche Weise unterstützen – einfach weil sie kalorienarm, nährstoffreich und sättigend sind.
Sellerie, Gurken, Salat und Co. können Teil eines erfolgreichen Ernährungsplans sein, sollten aber nicht überhöht oder als Diät-Trick missverstanden werden. Sie sind Helfer – nicht Zaubermittel.
Wenn du auf dein Hungergefühl achtest, bewusst isst und deinen Alltag aktiv gestaltest, brauchst du keine Wundermittel – sondern nur Vertrauen in dich selbst und deinen Weg. So erreichst du dein Ziel mit Klarheit, statt mit Hoffnung auf Mythen.